Pfingsten 2009 – Ein Familienausflug

Da ich dieses Jahr zur DM am Bodensee gefahren bin war klar, dass ich über Pfingsten nicht nach Kerteminde fahren konnte. Da streikt meine Familie. Tja aber so viele schöne freie Tage und so ganz ohne Segeln, nee - das wäre auch blöd!    dirk_spie_2009.jpg
Dirk beim Zieldurchgang
Quelle: Homepage Spiekerooger Segelclub
http://www.spiekerooger-segelclub.de/

Die Lösung des Problems lautet Seestern-Gedächtnis-Regatta. Dieses Event ist voll familientauglich und gilt bei meiner Familie nicht als Regattawochenende! Die Gründe dafür sind einfach. Diese Yardstick-Regatta findet vor der Insel Spiekeroog im ostfriesischen Wattenmeer statt. Die Insel hat einen enormen Erholungswert und bedingt durch Ebbe & Flut kann man eben nicht den ganzen Tag auf dem Wasser „abhängen“. Da bleibt in jedem Fall genug Zeit für die Familie.

Am Samstag hatten wir (Tim, Dirk & ich) uns für 11:00 Uhr im Hafen Neuharlingersiel verabredet, um von dort auf eigenem Kiel rüber zur Insel zu segeln. Als ich im Hafen ankomme war, ist von den anderen beiden noch nichts zu sehen, nur die Sonne strahlt vom blauen Himmel. Beim Maststellen merke ich dann aber, dass nicht nur die Sonne scheint, sondern auch der Wind ganz ordentlich sein muss, denn in dem Moment, als die Mastspitze sich über die Mole erhebt (in deren Windschatten ich bis dahin mein Boot so gemütlich aufgebaut habe) reißt es mir das schwarze Rohr fast aus der Hand. Hoppla! Was ist denn hier los? Da gucke ich doch mal lieber über die Mole. Aber man sieht nur Land – Ebbe! Der Windmesser sagt aber 5-6 Bft. Also perfekte Bedingungen! Zumindest wenn Wasser da wäre.

Jetzt kommt auch der Dirk. Und mit ein paar Bier basteln wir die Boote zusammen. Währenddessen kümmert sich die „Shore-Crew“ um das Gepäck und entsorgt die Autos. Tja nun wären wir soweit, fehlt eigentlich nur noch das Wasser. Wo bleibt das denn heute? Das denkt sich unterdessen sicher auch der Kapitän des Arbeitsschiffes, dass da seit gut einer Stunde auf Grund mitten in der Fahrrinne liegt ;o) Für Aufklärung sorgt der Tim (unser Local). Der kommt nämlich erst jetzt und weiß, dass heute die Tide 50 cm niedriger als normal ist. Tja die Info hätte er vorher mal streuen sollen ... Aber egal, langsam aber sicher läuft die „Wanne“ wieder voll. Jetzt kommt auch das Arbeitsschiff langsam wieder frei. Als es in den Hafen einläuft sieht es aber immer noch so aus, als wühle es sich mehr durch den Schlamm, als dass es wirklich schwimmen würde.

Ein bisschen später versucht dann eine FD-Crew, die noch vor mir angekommen war, als erste ihr Glück. Die Fahrrinne ist zwar noch schmal und der Wind steht ungünstig, aber die Besatzung hat Angst, dass der Wind noch mehr auffrischt und so macht sie sich auf den Weg. Und prompt sitzt sie beim zweiten Schlag auch schon auf Grund. Tja so ist das im Watt ...

Wir warten noch eine halbe Stunde. Jetzt haben wir mehr Wasser und der Wind hat mehr auf Ost gedreht. Nun geht es ganz entspannt raus aus dem Hafen, rein ins Trapez und Vollgas :o) uuups – jetzt holpert's auch bei mir, na ja ein bisschen abfallen und schwups ist wieder genug Wasser unter Schwert und Ruder. Jetzt geht hier die Post ab – so macht Segeln Spaß! Lockere 4-5 Bft. und ein kleines Schrick in der Schot, dann noch weiter abfallen und raumschots genießen. Die Sonne brennt vom Himmel. Oh Mann, das Leben kann so schön. Einfach mal nur durch die Gegend heizen! Herrlich!!!

Nachdem wir uns ausgetobt haben, fahren wir dann ein wenig schlapp aber bestens gelaunt in den Hafen von Spiekeroog. Und inzwischen ist das Wasser so hoch aufgelaufen, dass wir die Boote auch nur noch ein kleines Stückchen den Strand rauftragen müssen. Und was sehen wir jetzt - boah! Unglaublich! Die Zelte sind schon aufgebaut. Das heißt, jetzt geht es einfach ab unter die Dusche und dann was essen. Der Abend klingt gemütlich aus und wenn die dummen Vögel endlich mal den Schnabel halten könnten, würde man auch schlafen können.

Der Sonntag beginnt um 8:00 Uhr mit der Steuermannsbesprechung. Die Kielschiffe können daran allerdings schon nicht mehr teilnehmen. Ihnen läuft sonst das Wasser weg. Wir hören uns aber noch an, was der Wettfahrtleiter zu sagen hat. Und spätestens als er sagt, er habe gehört, dass ab diesem Jahr neue Wettfahrtregeln gelten, damit habe er sich aber nicht beschäftigt, wir segeln nach den alten, sollte jedem klar sein, dass diese Regatta mit anderen Maßstäben zu messen ist. Nachdem also alles geklärt wurde und der Startschuß ein „Schuß-Blitz-Knall“ ist, gehen wir erst mal noch in Ruhe frühstücken.

Dann geht es aber auch für uns raus. Der dritte Start um 10:50 Uhr ist unser, 4-5 Bft. aus Nordost, die Sonne brennt vom Himmel und der L-Kurs liegt wie immer. Das bedeutet, wir starten mit Halbwind von Backbord und können bald auf Raumkurs abfallen (tja die übliche Dreiecks-Tacktick versagt hier ;o) Dirk und ich checken noch mal, ob man besser oben an der Tonne oder unten am Schiff startet. Die Entscheidung fällt klar aus – hoch zur Tonne ist die Devise. Der bessere Winkel zum Wind macht den Unterschied. Das sieht der Skipper einer großen Yacht wohl genauso. Zusammen mit Dirk und mir dreht er Kreise oben an der Tonne. Die läuft runter, aber hey, was machen Dirk und die Yacht da, noch 10 Sekunden bis zum Start, die Yacht nimmt Geschwindigkeit auf, Dirk liegt davor. Wenn die Jungs das Ding durchziehen, ist Dirks schöner Bonezzi gleich nur noch Schrott, denn hier ist die Starttonne nicht aus Gummi sondern aus Stahl und hat bestimmt 3m Durchmesser. Schuß-Blitz-Knall! Und was ist das jetzt? Dirk steht voll im Trapez und mogelt sich noch irgendwie unter dem Bug der Yacht und an der Tonne vorbei, ich habe noch 5 Sekunden auf der Uhr, Scheiße  - Windloch – ach nee Abdeckung von der Tonne – bumms - jetzt steh auch ich im Trapez. Dirk ist schon knapp 50 m weg. Heizt mit Vollgas los – na das fängt ja gleich gut an.

Boah, aber das geht ja doch gut ab hier – warum fährt der Dirk überhaupt so tief – och hier auch schön – ich lass ihn einfach fliegen – och guck mal, da vorne sind auch Boote – puh! Die Böen drücken ja doch ganz heftig – so was ist hier überhaupt los – mal gucken – ach ja Regatta. Da vorne ist die Tonne. Wo ist Dirk? Ah, in Lee, da gehört er hin! ;o) So gleiten wir im Doppelpack ungefähr eine halbe Meile auf die Tonne zu. Mal umgucken, was der Rest so macht – oh, es gibt keinen Rest, bzw. der ist soweit weg, dass er nicht mehr interessiert. So jetzt mal zur Tonne; ich komme als erster an, Dirk fährt aber das bessere Manöver und rutscht innen durch. Dafür habe ich ein bisschen mehr Höhe. Mit einem Schrick in den Schoten geht die wilde Jagd weiter. Inzwischen sind wir zwischen den Yachten die 10 min vor uns gestartet sind. Die Blicke der Crews erscheinen wie eine Mischung aus Ehrfurcht und Neid. Während sie sich langsam quälen, gleiten wir locker an ihnen vorbei. Dabei erwische ich wieder einen glücklicheren Strich und kann Dirk wieder überholen.

So geht es wieder ca. eine halbe Meile. Danach biegen wir links ab. Auf den Yachten gehen die Spis hoch. Dirk und ich halten uns frei, pumpen ein bisschen und nehmen die Wellen mit. Boah ist das geil! :o) irgendwann fängt Dirk an zu luven. Das finde ich nun gar nicht toll und gebe es ihm auch zu verstehen. Er sieht dann auch ein, dass es nichts bringt, aber kleine Sünden bestraft der liebe Gott ja bekanntlich sofort. So kriege ich eine nette Welle gesandt, die der Dirk verpasst. So jetzt bin ich ein Stück weg. An der Tonne ist dies dann genau das Stück, in das eine X-Yacht passt. Ich davor und Dirk dahinter. Die decken ihn nun richtig ab und ich kann entspannt vorne rausfahren. Hoch am Wind geht es jetzt in Richtung Starttonne die Steuerbord zu ist. Dirk versucht inzwischen, der Yacht in Lee zu entkommen und das gelingt ihm auch. Trotzdem macht er auf der Kreuz zwei Schläge. Ich kann (warum auch immer) etwas mehr Höhe laufen und kriege dann auch noch einen „Schweinezieher“ der mich quasi persönlich um die Tonne geleitet. Danach geht es wieder raumschots runter Richtung Tonne 1. Um uns herum segeln jetzt die Yachten, die 20 min vor uns losgefahren sind. Die sehen heute zwar mehr aus wie Bremsklötze, aber was soll's.

Viel schlimmer ist aber, dass der Dirk nun wieder deutlich aufkommt. An der Tonne ist der Vorsprung auf die Hälfte geschmolzen. Auf dem Weg zur nächsten Tonne kann ich mich aber wieder ein bisschen absetzen. Aber was ist das. Eine X-79 mit großem roten Spi segelt da immer noch vor mir. Auf dem Vorwindgang kann ich diesen Schönheitsfehler zum Glück korrigieren. Als kleines Bonbon nehme ich auch, dass Aldi mit seinem Nacra 6.0 namens „Bauchbeinepo“ mir trotz Gennacker nur etwa 200 m bis zur nächsten Tonne abnimmt. Das könnte allerdings bis zu einem gewissen Grad auch der Bierkiste liegen, die er auf dem Luvschwimmer spazieren fährt. So, nun geht es um die letzte Tonne und danach direkt ab ins Ziel. Geschafft!

Mannmannmann, war das schön! Andernorts würde man jetzt nach seiner Trinkflasche greifen, einen Müsliriegel essen und sich mental auf das nächste Rennen vorbereiten. Auf Spiekeroog ist das anders. Hier gibt es nur ein Rennen. Keine Chance, noch etwas mit einem zweiten oder gar dritten Lauf rauszureißen. Hier gibt es nur die eine Wahrheit! Dafür stellt die Wettfahrtleitung allerdings eine Kiste Bier auf die Sandbank neben dem Ziel und wer als erster da ist, darf das Bier verwalten! ;o) Na da biegen wir doch mal locker rechts ab und nehmen uns eins. Kurz nach mir kommt Dirk dazu. Als wir bereits bei der zweiten Flasche sind, kommen dann auch die ersten Strandcats dazu (die eigentlich sonst immer die ersten hier sind. ;o) Und so sitzen wir da im Sand und gucken der Meute der Dickschiffe zu, wie sie nach und nach ins Ziel einläuft. Frisch gestärkt fahren wir dann noch mal rüber zum Westende der Insel. Da liegt dann auch wieder der Klaus mit seinem Jollenkreuzer, der uns auch noch mal ein Bierchen ausgibt.

So, nu reicht das aber auch – auf geht’s, noch ein bisschen Spass haben und dann zurück in den Hafen. Jetzt noch ein bisschen die Sonne genießen, abhängen, etwas Essen gehen und dann geht es auf zum zweiten Highlight der Regatta – zur Party (die hier Regattaball heißt). Sie beginnt mit der Siegerehrung. Als erster räumt Dirk ab. Er hat mit seinem Punktstart in Gleitfahrt in A-&B-Note die Jury voll überzeugt und bekommt den Preis für den besten Start. Den Pokal für den schnellsten Monohull nach berechneter Zeit drücken sie mir in die Hand. Und dann geht es endlich los. Die Band übernimmt das Kommando im Saal und was dann kommt – ja dafür ist jeder selbst verantwortlich. Der Kenner schweigt und genießt ...

Den Sonntag und Montag genießen wir noch mal in vollen Zügen. Strandspaziergang, Seele baumeln lassen, verwöhnen lassen. Am Nachmittag segeln wir wieder zurück und ich denke schon zu wissen, wo ich nächstes Jahr Pfingsten verbringen werde (denn die DM läuft ja wohl wieder über Himmelfahrt ;o).

 

Andreas

GER-11

Ergebnisse unter: http://www.spiekerooger-segelclub.de/regatta/regatta.htm

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