Kerteminde 2007 – Sail Extreme (26-27.05.2007)

Zum Pfingstfest rief der Häuptling der Wikinger zum Wettstreit im Normannischen Machtbereich. Und so begab es sich im Jahre 2007 unseres Herren, daß zahlreiche Germanischen Stämme zur Drachenbootmeisterschaft der Wikinger reisten um ihren Respekt zu bekunden und im fairen Wettstreit gegenüber zu treten.


Freitag.
Die Kutsche war schwer beladen, die Rösser störrisch und die Feuer des Himmels brannten erbarmungslos hernieder. So kam es, dass man in Kerteminde bereits auf die von mir angekündigte Einfriedung der offenen Feuerstelle wartete um nicht zufällig den kompletten Zeltplatz abzufackeln. Schließlich sind wir ja keine Barbaren. Bei Sonnenuntergang erreichte ich das Lager der Mannen von der Elbe und fand bereits ein Faß angestochen vor. Es dauerte nicht lange, da hing das Wildschwein über dem Feuer.

Samstag.
Es war ein riesiges Zeltlager, was langsam erwachte. Spontan lief der Donnerbalken über. Aber mit dem Instinkt des Kriegers und entsprechenden Sprachkenntnissen fanden wir nicht nur eine Backstube, sondern auch die geheimen Zeichen zu den Orten, wo unsere Därme Frieden finden konnten.

Es war kühl geworden. Der Wind schwach bis mäßig aus Nord. Die Rampe verstopft von kleinen mit Nußschalen beladenen Streitwagen, welche darauf warteten von den Eltern der Prinzessinnen und Prinzen dem kühlen Naß übergeben zu werden. Wir hatten es nicht nötig uns Respekt zu verschaffen, denn wie von Geisterhand öffnete sich eine Gasse. Unverhofft stand man neben seinem Drachenboot in dem Baltischen Meer und hatte noch nicht mal Zeit gefunden sich komplett zu kleiden. Das Rundholz, auf dem man sein Boot zu Wasser geschoben hatte, wurde von fremden Dienern sauber an Land gestapelt und schon fuhr man mit vollen Segeln aus dem Fjord hinaus auf die offene See.

Unser Parcours lag weit draußen und wir hatten die Klein-Drachenboote mit dem zerfransten Sternchen auf dem Banner zu dulden, welche eher an ein mannshohes Schild erinnerten, welches von einer Lanze durchbohrt das Banner ihres einstigen Herren trug. Außerdem fuhren dort die stupsnasigen Boote, welche vorwiegend vom Weib gesteuert wurden. Der Kurs war Start-1-2-3-1-3-Zielkreuz. Damit fehlte ein Dreieck, gab aber die Chance mehr Streitfahrten zu starten oder den Parcours großzügiger zu gestalten.

Streitfahrt 1)
Der Start war pünktlich – im Gegensatz zu uns. Insbesondere war dies für die Germanen ungewohnt. Pünktlich starten und dann auch noch zuerst? Nicht nur weil viele Boote es zu eilig hatten, sondern weil auch die Linie schief lag, wurde die Flotte noch mal zurück beordert. Die schwarze Flagge der Pest wurde gesetzt. Mögen diejenigen, die sich durch einen frühen Start ihren Vorteil ergaunern das Ende dieser Streitfahrt nicht mehr erleben! Nach dieser Verzögerung konnte auch der weise Druide, der seine Drachenboote in den Arbeitslagern vorm Ural fertigen läßt, an der Streitfahrt teilnehmen und gleich seinen besten Platz erkämpfen.
Die Bedingungen waren etwas für Gelehrte. Man verpaßte schon mal raumschots und vorm Wind den zusätzlichen Schub von achtern oder blieb an der Kreuz in einer Welle stehen obwohl die Welle immer noch länger war als vor Kiel. Da der Kurs sehr großzügig ausgelegt war, mußte man manchmal die Luvtonne regelrecht suchen. Insbesondere konnte man sich nicht darauf verlassen, daß sie sich nahe des gut sichtbaren Zielschiffes befand. Somit fand sich ein listiger Bootsbaumeister aus dem von Schweden besetztem Eck zwischen den ortskundigen Wikingern vorne wieder.

Streitfahrt 2)
Die Wettfahrleitung fackelte nicht lange. Kaum waren die Drachenboote wieder versammelt, wurde die Startzeremonie neu eingeleitet. Ohne Skrupel wieder die Flagge der Pest gehißt. Es fing an zu nieseln. Jetzt wären die Helme von der DM 2007 am Dümmer ein Segen gewesen. Aber wer packt so etwas ein im Sommer? Zumindest gab es keine kuriosen Winddreher. Man mußte sich nur überlegen links im besseren Wind aber bei mehr Welle zu fahren oder ganz gelassen über rechts. Diesmal war es Dr. Hom, der zwischen die Phalanx der Gastgeber mit ihren drolligen Nummernreihen fahren konnte.

Hiernach durften wir uns etwas länger erholen. Der erste Winddreher des Tages veranlaßte das Startschiff sich zu verholen. Damit mußten ebenfalls die Fässer auf dem Wasser neu ausgelegt werden. Das ging natürlich erst nachdem die Kleindrachenboot-Klassen ihre Streitfahrt beendet hatten.

Streitfahrt 3)
Jetzt aber richtig über links! Start am Pin-End, links Anschlag, von links das Luvfaß anfahren und zack – vorne dabei gleich hinter Dr. Hom. Der Wind hatte zurück gedreht, so daß das Leefaß verlegt werden mußte damit an der Raumtonne auch wirklich rund Achtern gegangen werden konnte. Im Ziel wurde ich gefragt, warum ich nicht einfach dran geblieben wäre? Leicht gesagt. Aber was tun, wenn die anderen so schnell sind?

Streitfahrt 4)
Kompliment an die Turnierleitung. Es ging sofort weiter. Das Oberhaupt der Wikinger fand ins Rennen und tat seinen Anspruch auf den Titel kund. 
Kurz vorm Ziel an zweiter Position liegend wurde Dr. Hom von einem Klein-Drachenboot mit dem Sternchen im Banner gerammt. Ein Tampen war angeblich noch belegt und durch den Richtungswechsel bekam die kleine Kiste noch mal Rückenwind. Den Knall hat man über das gesamte Feld hören können, so dass man zuerst vermutete Thor hätte seinen Hammer fallen gelassen. Wüste Verwünschungen wurden seitens des Germanischen Magiers über das Haupt des unglückseligen Kleindrachen-Fahrensmannes ausgeschüttelt.
Das feine Drachenboot ging langsam auf Tiefe und war aber nicht mehr in den Fjord zu schleppen. Es musste von zwei Kautschukenten an die nahe Küste gebracht werden. Dort warteten bereits die Eingeborenen und luden das Strandgut auf. Kurz darauf konnte man auf dem Turnierplatz einen 40 cm langen Einblick in die Italienische Bootsbaukunst nehmen.

Zurück an Land. Der Regen war weiter gezogen. Das gut ausgebildete Dienervolk, welches auf die Nußschalen der Prinzessinnen und Prinzen wartete, eilte  herbei um beim Hinaufwuchten der Drachenboote zu helfen. Auch der Donnerbalken war inzwischen frei geschaufelt worden.
Wenn die Wikinger ein Barbeque bereiten, wird man immer etwas rustikale Gemütlichkeit finden. Rohes Fleisch wurde den Barbaren zugeteilt. Für den empfindlichen Gaumen waren Feuer entzündet worden, an denen man das Fleisch garen konnte. Spontan wurden weitere Feuerstellen auf dem Turnierplatz entfacht um nach gallischem Vorbild in gemütlicher Runde zu tafeln.

Sonntag.
Es war immer noch kühl. Bereits im Februar vom Sommer verwöhnt hatten die Wenigsten genug Felle dabei um ihren Harnisch gut zu füttern. Zumindest sollte kein Wasser von oben kommen. Das kam von unten. Der Wind blies frisch bis stark und die See ging entsprechend hoch.
Die Sicht war gut. Man konnte eines der monumentalen Bauwerke des Nordens sehen: Den Brückenschlag über den Großen Belt, welcher Seeland die Zivilisation brachte. Vor dieser Kulisse stachen wir in See.

Streitfahrt 5)
Es war ein bissig auf der See. Das Drachenboot paßte zwar nicht immer problemlos in die Welle, aber es ging erstaunlich gut.
Start am Pin-End. Links raus bis Anschlag. Übrigens, es gibt ein paar Regeln, warum man die Layline meiden sollte. Ein Grund ist, daß man schon längst drüber sein kann. Manchmal liegt das Luvfaß eben nicht nahe dem Zielschiff und ist in der Welle auch nicht gleich sichtbar. Mit einem Schrick in den Schoten kamen viel zu viele viel zu schnell in viel zu kurzen Abständen oben an.
Mit entsprechend viel Adreanlin ging es auf den Raumgang. Der Adrenalinspiegel blieb. Raumschots war es wie zur DM 2006 in Heiligenhafen, die Welle war zwar höher aber auch länger – also richtig gut. Vorne kämpften drei Wikinger um den Sieg, gefolgt von einer Horde Germanen.

Streitfahrt 6)
Die Streitmacht war inzwischen auf 13 Kämpfer geschrumpft. Von den vier großen Streitherren aus Germanien waren bereits zwei mit Havarie und Krankheit ausgeschieden. Die nächsten beiden verließen ebenfalls die See. Unbemerkt lauerte der Kelch der Dichtkunst auf den Germanischen Häuptling oder dem Abgesandten des kleinen Fischerdorfes an der Weser welche zu dieser Zeit punktgleich waren.
Der Wind legte noch ein wenig zu. Start! Diesmal die Startkreuz ohne Schnörkel direkt zum Faß. Der Raumgang war die Krönung des Wochenendes. Am Halsenfaß mit Vorsicht und weitem Bogen das entsprechende Manöver eingeleitet. Am Leefaß ließ nicht jeder ausreichend Vorsicht walten und besuchte kurz Poseidons Reich. Wieder an der Kreuz flog dem Steuermann die Gischt ins Gesicht und Platt vorm Laken lenzte die Crew um ihr Leben.
Die Zielkreuz schließlich war grenzwertig. Ebenso der Segeltrimm. Beim Zieldurchgang wurde es noch mal knifflig. Das Zielschiff stampfte hart in der See und riß am Ankergeschirr. Der Anker mußte ein paar Meter geslippt sein. Jedenfalls kam man auf Backbordbug nicht über die Linie. Außerdem war die Linie dadurch sehr kurz, auch weil die Drachenboote furchtbar schnell fuhren. Hannes und ich wendeten im Duett während Jacob Kristensen auf Steuerbordbug noch zwischen uns fuhr. Aber es paßte irgendwie.

Streitfahrt 7)
Man wartete noch auf das türkise Drachenboot, welches mit ungebrochenem Mut und großem Herzen den Elementen die Stirn bot. Das Warten wurde belohnt. Der Wind flaute ab, die See beruhigte sich und den Segeln gab man wieder Profil.
Sören hatte eine Aufholjagt hinter sich und war bis auf einen Zähler an Jens dran. Es ging um die Krone. Ich sah das Luvfaß als erster. John sah, kam und deckte mich. Dabei sah er es dann auch. Sören fuhr trotzdem vorweg mit Jens im Kielwasser. Viele waren über der Layline und rauschten uns entgegen als wir zum Raumfaß fuhren. Severin holte auf und ging mit mir um das Leefaß.
Sören deckte konsequent Jens. Sie fuhren in inniger Zweisamkeit vorweg und wir versuchten zu folgen. John deckte wieder mich und ich Severin. Hannes, Jacob, Jörg, Andreas, Michael und Christian waren sich über die Reihenfolge auch noch nicht einig.
Das wiederholte sich in der nächsten Runde. Sören gewann diese Streitfahrt und damit das Turnier punktgleich von Jens. Wie es sich für gute Gäste gehörte, ließen wir alle drei Titel der Meisterschaft der Wikinger in deren Lande.

Wie soll man schließen? Am besten mit einem Dank an die Gastfreundschaft, welche uns widerfahren ist. Die Feste von Kerteminde bot trotz großer Ansammlungen guten Zugang zum Meer sowie ausreichend Platz für Lager und Feuerstätte. Letztere sollte auch beim nächsten Zusammentreffen nicht vergessen werden. Das Klima war für bärtige Nordmänner und der Wind immer ausreichend. Für den Rückweg konnte man sich Zeit lassen, da das Pfingstfest noch nicht beendet war.

Germane 395

Ergebnisse unter
http://www.sailextreme.dk/2007/docs/resultater/07/Contender-JGPKerteminde.htm

Es gibt die ersten Bilder aus Dänemark. Sören schreibt dazu:

Some pictures!
(from page 6 and forward)
/S